Ab jetzt unspektakulär?

B970664A-0764-457E-9AB1-99F3BA291C05Ich glaube das war der unspektakulärste Geburtstag meines Lebens. Es dreht sich nicht mehr um mich. Das Leben hat sich gewendet, gedreht, umfokussiert. Mein Mann versucht mir einen schönen Tag zu bescheren, fährt ganz früh mit beiden Kids in unsere Lieblingsbäckerei und bringt die besten Croissants der East Bay nach Hause, kauft mir Blumen und lässt mich bis kurz vor 9 Uhr schlafen. Sie singen Happy Birthday und ich bekomme einen frisch aufgebrühten Kaffee mit sage und schreibe nicht pasteurisierter Sahne. Dennoch, sogar mit den Blumen in der einen und dem Kaffee in der anderen Hand, sind meine Gedanken schon bei unserer nächsten Morgenaktivität. Wir wollen uns einer Gruppe anschließen, die mit Vergrößerungsgläsern und kleinen Netzen bewaffnet an einem Teich Wasserinsekten fangen und untersuchen wollen. Dafür braucht Sequoia noch Gummistiefel und wir sind eh schon spät dran. Der Morgen ist dann, trotz quengeligem Kind ein schöner Erfolg. Während der Exkursion trage ich Nova auf dem Rücken, stille ihn während des Laufens und Sequoias Lunchbox habe ich auch nicht vergessen – es springt sogar noch ein Apfel für eines der Kinder raus, dessen Vater den Snack im Auto vergessen hat. Habe ich eigentlich gefrühstückt?
Anschließend wollen wir den kranken Schwiegervater besuchen, nur kurz, denn ich habe ja Geburtstag. Auf dem Weg über die Brücke nach Marin sehen wir eine zauberhafte feine Dunstglocke über dem Wasser schweben. Ich würde sagen, dass das ein Geschenk ist. Beide Kinder schlafen und Rajendra und ich essen unser spätes Mittagessen ganz langsam. Für einige Zeit existiert keine Zeit, ein zeitloses Treiben im Kontinuum des Mittagsschlafs unserer Zwerge; kein Telefon wird ausgepackt, nichts geplant, kein bißchen Stress. Als alle wieder wach sind, fahren wir weiter zu den Schwiegereltern, die über unser langes Fernbleiben besorgt sind. Natürlich hätten wir Bescheid sagen sollen. Der kranke Mann ist wirklich krank und hat die schrägsten und unter uns ziemlich paranoide Ideen über seine Gesundheit. Da wird das Geburtstagskind ausgesprochen ruhig und konzentriert sich auf das Wesentliche – Windeln wechseln und Kinder füttern. Apropos, es ist eine wahre Freude den kleinen 7 Monate alten Knirps mexikanische Pozole verschlingen zu sehen. Wenn er könnte, würde er eintauchen und vor lauter Wonne blubbern. Das bringt mein Geburtstagsherz wirklich zum schlagen. Ach ja, Happy Birthday, Carmen, sagen die Schwiegereltern. Während sich der große Kleine schon mit geputzten Zähnen in eine Babykatze verwandelt, nicht mehr spricht und nur noch miaut, packe ich Nova in die Babytrage und als er schläft ins Auto. Auf der Fahrt nach Hause frage ich die wieder menschliche Katze, was er denn für ein Buch wäre, wenn er sich in eines verwandeln könnte? Die Antwort: A book about dying. Was sagt man dazu? Zuhause fallen dem Ehemann fast die Augen zu und trotzdem liest er ein Buch nach dem anderen vor. Bevor er dann wirklich nicht mehr kann, sagt er zu mir: “I wish your birthday had been happier, but I can’t keep my eyes open”, ich nicke, vergieße im Stillen ein paar Tränen der Liebe, der Rührung und vielleicht auch der Realität wegen, packe die Taschen aus, räume Geschirr in die Miele, fülle Wasser und Öl in die Diffuser und renne zwischendrin immer wieder zu Nova, der kontinuierlich aufwacht. Selbstverständlich sollte ich auch schlafen, doch ich tippe mit einer Hand und halte Nova mit der anderen.
Ach, die Croissants stehen nett verpackt neben mir. Ich esse dann mal eins – nachträglich zum Geburtstag.

 

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