Ich arbeite seit 2 Wochen in der German School of the East Bay. Es ist eine Samstagsschule und der Unterricht findet von 9:15 Uhr bis 15:30 Uhr statt. Es werden hauptsächlich Kinder unterrichtet, aber es gibt auch ein paar Erwachsenenklassen, inklusive einem Literatur- und Kulturclub. Die Atmosphäre in der Schule ist sehr herzlich. Jeden Samstag bringen Mütter, Väter oder erwachsene Studenten etwas zum Kaffee mit. Hauptsächlich gibt es natürlich Gebäck und letzten Samstag sogar einen leckeren Zwetschgenkuchen. Ich fühle mich fast wie Zuhause, überall wird Deutsch geredet und ich höre die unterschiedlichsten Dialekte. Zum Kaffee wird geschlemmt und zwischendrin auch ein bißchen studiert. Ich habe ja den leisen Verdacht, dass die meisten Kinder hauptsächlich wegen den “snacks” gerne kommen. Dieser soziale Treffpunkt hat eine super engagierte und liebenswerte Schulleiterin. Es ist bewundernswert, wie viel Leidenschaft “Frau Nancy” für ihre Arbeit hat, wie hilfsbereit und dennoch resolut sie ist. Überraschenderweise ist sie Amerikanerin und warum sie so fasziniert von Deutschland ist, muß ich sie nächste Woche fragen.
Ich leite 3 Sing-und Spielgruppen für alle Kinder zwischen 18 und 36 Monate. Die Kinder kommen zusammen mit einem Eltern- oder Großelternteil und das ist ein ganz schönes Gewusel! Die Organisation der Gruppen war ziemlich kompliziert, da “nap time” und “lunch time” manchmal unmöglich mit den Kurs-Zeiten vereinbart werden konnten. Ich hätte ja nicht gedacht, dass das penibel genaue Einhalten von Mittagsschläfchen und Mittagessen am Samstag für manche Eltern so wichtig ist. Es ist das erste Mal, dass ich mit so kleinen Kindern und deren Eltern zusammen arbeite. Eine Kollegin und auch Nancy haben mich netterweise vorgewarnt, dass ich eventuelle Beschwerden ja nicht persönlich nehmen soll. Nach fast 10 Jahren therapeutischer Arbeit in einer Psychiatrie, hoffe ich ja, daß ich das schaffe …
Mein Ziel für diese Arbeit ist: die Dynamik aller Anwesenden auf kreativen und nicht schablonenvorgefertigten Wegen zu unterstützen und zu beobachten. Natürlich liegt der Schwerpunkt dabei auf der Sprache, aber mich fasziniert die Interaktion aller Beteiligten noch mehr. Ich hatte noch nie so viele unterschiedliche Dynamiken in einem Raum vereint:
Interaktion: Kinder / Kinder
Interaktion: Erwachsene / Erwachsene
Interaktion: Kinder / Elternteil
Interaktion: Kinder / andere Erwachsene
Interaktion: Elternteil / Kind,er
Interaktion: Erwachsene / andere Kinder
Zusätzlich interagiere ich auch noch mit all diesen unterschiedlichen Wechselwirkungen.
Letzten Samstag haben wir erst ein Lied gesungen und dann anschließend mit Fingerfarben experimentiert. Ein gemeinsames Projekt mit den Kindern, den Erwachsenen und mir. Es gab so viel zu beobachten! Wie wird der Raum wahrgenommen und erforscht, wie wird Kontakt zum Material aufgenommen, Schulung von unterschiedlichen Reizen, wer verteidigt sein Territorium, wie wird mit Erwartungen umgegangen, Reflexionen über konstruierte Ästhetik, wer interagiert mit wem, wer kann mit anderen teilen, wer mischt überall mit, wer breitet sich aus, wer von den Kleinen schafft es schon einen Transfer vom Lied zum Bild herzustellen, Materialerforschung, Neugier, Besitzansprüche, Konzentrationsfähigkeit, Beobachtungsfähigkeit, Selbstbewußtsein etc.
Es ist ganz angenehm die meisten meiner Beobachtungen für mich zu behalten. Anstatt darauf einzugehen, fokussiere ich mich auf Farben- und Materiallehre.
Hallo, Carmen:
Das ist ja sehr erfreulich, wie gut es Dir bei uns gefällt. Der Pflaumenkuchen war übrigens von mir. Weiterhin viel Spaß und Erfolg mit den Kleinen und ihrem Anhang.
Monica
Hallo Monica,
na, mein Blogpost macht ja ganz schön schnell die Runde! Ja, mir gefällt es gut und dass der Pflaumenkuchen von Dir war, wundert mich überhaupt nicht 🙂
Carmen
Hallo Carmen,
Nur eine kleine Anmerkung: wir Eltern halten nap times und Mittagessen so penibel ein, weil uns gar nichts anderes übrig bleibt: zu einer bestimmten Zeit fangen die Kinder an zu weinen, wenn sie nichts zu essen kriegen, oder sie schlafen ein, wenn es nap time ist. Wir bringen dann also jedesmal entweder ein schreiendes oder schlafendes Kind zur Stunde. Ich habe bei meinem ersten Sohn versucht, diese innere Uhr zu ignorieren… Beim zweiten bin ich schlauer… . Wochenende gibt es wohl erst wieder ab der Pubertät 🙂
Es gibt aber auch Kinder, die sehr flexibel sind, was allerdings die Ausnahmen ist.
Hallo Kyala,
Danke für die kleine Anmerkung! Mein Erstaunen über die nap/lunch times war auch keineswegs als Kritik gemeint, es sollte lediglich mein Erstaunen zum Ausdruck bringen. Ich verstehe die Notwendigkeit vollkommen und die innere Uhr von Kindern zu ignorieren macht definitiv alles komplizierter.
Schön, dass Du auf meinem Blog vorbei geschaut hast.
Bis Samstag,
Carmen